Lehrbuben:
Das macht, weil sein Meister ein Schuster!
Beim Leisten sitzt er mit der Feder!
Beim Dichten mit Draht und Pfriem!
Seine Verse schreibt er auf rohes Leder.
Das — dächt ich — gerbten wir ihm!
(Richard Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg, 1. Akt, 2. Szene)
In Italien begann die Renaissance im 14. Jahrhundert und erreichte ihren Höhepunkt in den nächsten beiden Jahrhunderten. Individueller Ausdruck, Selbstbewusstsein und weltliche Erfahrung wurden nun besonders geschätzt, doch sah man andererseits das ideale Selbstvertrauen als bald eingedämmt. Meine Arbeit soll zeigen, wie die Schriftsteller und Kunsttheoretiker der Renaissance ein berühmtes Sprichwort, “Schuster, bleib bei deinem Leisten!,” interpretierten, das die Kompetenz im Urteil eines Handwerkers auf sein eigenes Werk beschränkt (anstatt andere zu kritisieren). Erkennbar bahnten die schöpferischen Auseinandersetzungen mit dieser Massregel dem selbstbewussten bildenden Künstler den Weg. Sprichwörter, die schon in der antiken und biblischen Literatur vorkamen, vermitteln eine Einsicht und wollen zu rechtem Verhalten führen.
In einem anonymen Dante-Kommentar des späten 14. Jahrhunderts wurde der Grieche Apelles (fl. 300 B.C.) als der “beste Maler” der Welt in seiner Zeit bezeichnet. Diese Führungsrolle unter den antiken Virtuosen blieb Apelles meist auch in den folgenden Jahrhunderten ungenommen; viele Mythen rankten bereits im Altertum um seine Person.